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Der besondere Vertreter einer GmbH

Der besondere Vertreter nach § 46 Nr. 8 GmbHG wird benötigt, wenn der Geschäftsführer der GmbH gegen diese klagt. Logischerweise kann er die GmbH nicht auf beiden Seiten vertreten.

Ein interessanter Aufsatz zu den Befugnissen des besonderen Vertreters findet sich in der GmbHR 2011, ab Seite 244. In diesem Aufsatz wird dann auch auf die so ziemlich einzige Gerichtsentscheidung verwiesen. Mit Urteil vom 10.11.1995, Az. 23 U 2987/95 entschied das OLG München: "Dem besonderen Vertreter einer GmbH steht gegen diese kraft Amtes ein Anspruch auf Erteilung der Informationen zu, die zur zweckentsprechenden gerichtlichen Vertretung der Gesellschaft erforderlich sind. Die Gesellschaft kann hiergegen nur Rechtsmißbrauch einwenden, wofür sie zudem die volle Darlegungs- und Beweislast trägt."

Aufgabe und Befugnisse des besonderen Vertreters

Der besondere Vertreter hat organschaftliche Stellung. Seine Aufgabe ist die Vertretung der GmbH in einem bestimmten Prozess. Insofern ist er hinsichtlich der Prozessvertretung quasi ein Geschäftsführer. Er nimmt die erforderlichen Rechtshandlungen im Namen der Gesellschafterversammlung und damit in Vertretung der GmbH vor. Er schließt vorhandene Geschäftsführer von der Vertretung der Gesellschaft aus. Er muss einen Rechtsanwalt beauftragen und darf mit diesem auch eine Vergütungsvereinbarung treffen. Gerade Gesellschafterstreitigkeiten sind regelmäßig von einer derartigen Arbeitsintensität, dass eine Bezahlung nach RVG den Zeitaufwand nicht deckt. Diesen Vertrag kann der besondere Vertreter im Namen der Gesellschaft abschließen, weil er quasi als Organ der Gesellschaft tätig wird.

Auch andere Verträge, wie die Erstellung eines Gutachtens, kann der besondere Vertreter abschließen, wenn diese zur ordnungsgemäßen Vertretung der Gesellschaft notwendig sind. Der besondere Vertreter steht dem Geschäftsführer gleich. Und das ein Geschäftsführer ein Gutachten in Auftrag geben darf, steht außer Frage.

Außerdem hat der besondere Vertreter einen Anspruch auf Auskunftserteilung sowie auf Akteneinsicht. Das heißt, er darf grundsätzlich Einsicht in die Bücher und sonstigen Unterlagen der GmbH nehmen sowie Informationen einholen. Dabei muss er nicht im Einzelnen darlegen und glaubhaft machen, dass er diese Unterlagen für die Prozessführung benötigt. Er braucht diese Erforderlichkeit gegenüber den Geschäftsführern, denen im Übrigen keinerlei Mitentscheidungsbefugnis zusteht, nicht näher zu begründen. Vielmehr hat der besondere Vertreter dabei einen weiten Ermessensspielraum. Ferner darf der besondere Vertreter die Mitarbeiter befragen, um den Sachverhalt aufzuklären.

Der besondere Vertreter darf jedoch nicht ohne Zustimmung der Gesellschafter über die unter § 46 Nr. 8 GmbHG fallenden Ansprüche verfügen. Er darf keine Vergleiche schließen, er darf die Klage nicht zurücknehmen und er darf keinen Verzicht erklären. Er unterliegt wie der Geschäftsführer den Weisungen der Gesellschafterversammlung. Allerdings hat er im Rahmen seiner Aufgabe "freie Hand", wenn er keine Weisungen erhalten hat.

Es bleibt nur der Klageweg

Aber was nützen all diese theoretischen Rechte, wenn der Geschäftsführer diese Rechte des besonderen Vertreters schlichtweg ignoriert und letztendlich auch am längeren Hebel sitzt? Der Geschäftsführer ist unstreitig in der Lage, die Arbeit des besonderen Vertreters zu behindern. Das OLG München hat dazu ausgeführt, dass es dem Sinn des § 46 Nr. 8 GmbHG widersprechen würde, wenn dem von der Führung des Prozesses gerade ausgeschlossenen alleinigen Geschäftsführer der Gesellschaft gestattet würde, die Tätigkeit des Prozessvertreters im Ergebnis zu kontrollieren.

Dem besonderen Vertreter bleibt in diesem Fall nur noch der Klageweg. Er muss dann seine Rechte im eigenen Namen gegen die GmbH einklagen. Und dafür muss er sich wegen einer eventuell bestehenden Interessenkollision auch noch einen neuen Rechtsanwalt suchen. Denn der von ihm bereits beauftragte Rechtsanwalt vertritt die GmbH und kann diese daher nicht auch noch verklagen.

Es sollte aber nicht vergessen werden, dass der Geschäftsführer unter Umständen eine Prozessbehinderung betreibt und dies natürlich rechtliche Konsequenzen, wie zum Beispiel eine Beweislastumkehr, haben kann.

Der Vergütungsanspruch

Der Vergütungsanspruch des besonderen Vertreters richtet sich nach § 612 Abs. 1 BGB. Danach gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, sofern die Tätigkeit nur gegen Vergütung zu erwarten ist. Das hängt insoweit vom Einzelfall ab und kommt auf den mit der Prozessvertretung verbunden Arbeitsaufwand an. Einem außenstehenden Dritten steht im Zweifel aber ein Vergütungsanspruch zu, einem Gesellschafter dagegen nicht.

Diesen Vergütungsanspruch muss den er notfalls gerichtlich gegen die GmbH durchsetzen. Denn selbstverständlich wird sich der Geschäftsführer weigern, die Rechnung für den Arbeitsaufwand sowie die Auslagen des besonderen Vertreters zu begleichen.

Paxistipp

In der Praxis ist es daher sehr empfehlenswert, den Vergütungsanspruch sowie die Informationsrechte sogleich gemeinsam mit dem Bestellungsbeschluss zu regeln und den Geschäftsführer entsprechend anzuweisen. Kommt der Geschäftsführer diesen Weisungen nicht nach, verletzt er zugleich seine Pflichten.

Die entsprechenden Beschlüsse lassen sich aber auch später nachholen. Der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer darf weder bei Weisungsbeschlüssen noch bei der Bestellung des besonderen Vertreters mitwirken. Er ist vom Stimmrecht ausgeschlossen, weil von ihm nicht erwartet werden kann, dass er einen Prozessvertreter auswählt und bestellt, der gegen ihn selbst die Interessen der Gesellschaft vertritt.


19.09.2014 Sandra Böhm, mailandra-boehm.de.
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