Home Sandra Böhm — Arbeit neu definieren

Eine neue Definition des Begriffs Arbeit

Fakt ist, dass es eine Vollbeschäftigung in Deutschland nie mehr geben wird. Es sei denn, wir legen das Land in Schutt und Asche — wie im Zweiten Weltkrieg. Eine Vollbeschäftigung ist aufgrund der Industrialisierung und des technischen Fortschrittes gar nicht mehr möglich, die Maschinen ersetzen die menschliche Arbeitskraft. Aber wer will sich schon darüber beschweren, über den technischen Fortschritt? Ich nicht. Er bringt ja auch sehr viele, angenehme Vorteile.

Was aber machen wir mit den Arbeitslosen? Sind diese Menschen etwa weniger wert, weil sie keiner Arbeit nachgehen? Wer einmal in der Hartz-IV-Mühle steckt, der mag diesen Eindruck bekommen. Die Menschen werden in unsinnige Maßnahmen gesteckt, müssen Ein-Euro-Jobs machen (Und das zu Zeiten, in denen über einen gesetzlichen Mindestlohn nachgedacht wird). und dürfen sich im Grunde auch nicht frei in Deutschland bewegen, weil sie über alles Rechenschaft ablegen müssen oder eine Erlaubnis benötigen.

Warum aber "quält" man diese Menschen, wenn eine Vollbeschäftigung gar nicht möglich ist? Wird es nicht Zeit, diese Tatsache zu akzeptieren und den Begriff der Arbeit völlig neu zu definieren? Muss die Arbeit immer nur dazu da sein, sich selbst und seine Familie mit dem Lohn zu ernähren? Dies ist aufgrund der mangelnden Vollbeschäftigung und der teilweisen miesen Bezahlung gar nicht jedem Menschen möglich.

Wir alle sollten uns also davon frei machen, dass eine Arbeit immer an ein Gehalt gekoppelt sein muss. Und vor allem sollten wir uns davon frei machen, dass Menschen, die keiner Arbeit nachgehen, nichts wert sind. Der Wert eines Menschen definiert sich nicht durch seine Arbeit. Jeder Mensch ist wertvoll und jeder Mensch leistet irgendeinen Beitrag zur Gemeinschaft — ob er nun dafür einen Lohn bekommt oder nicht. Man denke nur an die ehrenamtliche Arbeit oder an die vielen freien Softwareprojekte. Diese Menschen erhalten keinen Lohn. Sind sie aber deswegen weniger wert? Nein, natürlich nicht. Sie helfen anderen Menschen und wo wären wir ohne dieses Engagement?

Wäre die folgende Definition nicht schöner als das, was wir in unseren Köpfen haben? Eine Arbeit ist eine sinnvolle Tätigkeit, die dem Mensch Spaß macht, ihm Freude bringt und ihn erfüllt.

Wenn nun ein Jeder einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen würde, die ihm Spaß macht, dann würde es wohl auch nicht mehr so viele Menschen geben, die sich mit ihrer Arbeit quälen, die einen Burn-Out bekommen, unmotiviert sind und an Depressionen erkranken. Unser Gesundheitssystem wird dankbar sein.

Die Frage, die sich dabei stellt, ist natürlich: Wie sollen die Menschen dann Geld verdienen? Ganz einfach: Es wird ein bedingungsloses Bürgergrundeinkommen eingeführt. Ein jeder Bürger bekommt das gleiche Grundeinkommen und kann sich – seinen Fähigkeiten und Talenten entsprechend – einer für ihn sinnvollen Tätigkeit widmen.

Ja ja, ich kann es erahnen, was jetzt kommt: Aber dann wird ja keiner mehr arbeiten gehen und alle hängen faul zu Hause rum! Nur zur Erinnerung: Solche faulen Menschen gibt es auch jetzt schon und das muss eine soziale Demokratie eben aushalten.

Wie viele Menschen gehen denn einer Vollzeitbeschäftigung nach, obwohl sie sich und ihre Familie damit nicht ernähren können? Diese Menschen gehen doch auch lieber arbeiten anstatt sich einen faulen Lenz zu machen und dem Staat auf der Tasche zu liegen. Warum machen die das bloß? Wahrscheinlich halten diese Menschen es irgendwie für sinnvoll, einer Tätigkeit nachzugehen.

Als ich meinen Job an den Nagel gehängt habe, habe ich auch nicht gefaulenzt. Ich habe mir bewusst eine Auszeit genommen (ohne Transferleistungen vom Staat) und meine Situation gründlich überdacht. Jetzt engagiere ich mich ehrenamtlich für den Datenschutz und das bedingungslose Bürgergrundeinkommen. Das sind natürlich völlig sinnlose Tätigkeiten.

Ich denke, dass jeder Mensch ohne diesen finanziellen Druck leben sollte und dadurch eher erkennen kann und wird, was ihm Spaß macht, wo seine Fähigkeiten und Talente liegen und was er daraus machen kann. Jeder Mensch hat ein Recht darauf, ein zufriedenes und erfülltes Leben zu führen. Allerdings kann es sich nicht jeder leisten — und das muss geändert werden.


09.11.2013 Sandra Böhm, mailandra-boehm.de.
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